Nordseeküstenradweg: Auf zwei Rädern durch die spektakuläre Küstenlandschaft
Der Nordseeküstenradweg verbindet sportliche Aktivität mit Naturerlebnis, Kultur und Genuss – ein faszinierender Mix, der diese Route zu einer der vielseitigsten und schönsten Radstrecken Europas macht.

Der Nordseeküstenradweg ist Teil eines beeindruckenden Radwegnetzes: Mit insgesamt 6.000 Kilometern durch acht Länder zählt er zu den längsten ausgeschilderten Radwegen der Welt. Der deutsche Abschnitt erstreckt sich über 900 Kilometer von der niederländischen bis zur dänischen Grenze und offenbart die faszinierende Vielfalt der Nordseeküste. Der Radweg verläuft überwiegend flach und ist technisch wenig anspruchsvoll – die wahre Herausforderung kann der steife Nordwestwind sein, der dir manchmal entgegenbläst.
Die Route führt durch Marschgebiete, über Deiche und historische Kopfsteinpflasterpassagen. Sie verbindet quirlige Hafenstädte, idyllische Fischerdörfer und malerische Küstenorte. Der konstante Begleiter: das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer mit seinem faszinierenden Wechselspiel der Gezeiten.
Von der niederländischen Grenze nach Ostfriesland
Der deutsche Teil des Nordseeküstenradwegs beginnt an der niederländischen Grenze bei Bunde in Ostfriesland. Hier lohnt sich ein Abstecher zum Steinhaus Bunderhee, einer der ältesten Burganlagen der Region. In der Nähe erwartet dich der Dollart, eine Bucht der Emsmündung und Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.
Über die historische Kleinstadt Weener gelangst du entlang der Ems nach Leer. Die Stadt beeindruckt mit ihren imposanten Bürgerhäusern, historischen Bauwerken und dem maritimen Flair des Hafens. Nach etwa 52 Kilometern erreichst du Emden, die größte Stadt Ostfrieslands mit ihrem bemerkenswerten Kunstmuseum und dem markanten Ratsdelft im Stadtzentrum.
Von Emden führt der Weg durch die Krummhörn, einen Landstrich mit zahlreichen kleinen Dörfern. In der Kirche von Rysum steht die älteste spielbare Orgel der Welt. Ein Höhepunkt ist der beschauliche Fischerort Greetsiel mit seinen charakteristischen Zwillingsmühlen und dem malerischen Hafen voller bunter Krabbenkutter. Nach 88 Kilometern erreichst du das Seebad Norden mit seinem historischen Marktplatz.
Durch Ostfriesland bis zur Jade
Von Norden aus radelst du durch das Nordseebad Norddeich, das als Fährhafen zu den Inseln Juist und Norderney dient. Entlang der Küste führt der Weg über Neßmersiel und Dornumersiel – einen der ältesten Sielhäfen der Region – bis nach Bensersiel. Hier besteht die Möglichkeit, mit der Fähre zur Insel Langeoog überzusetzen.
Weiter geht es nach Esens, einem mittelalterlichen Handels- und Marktort mit imposanter Stadtkirche, und über Neuharlingersiel nach Carolinensiel. Das 1730 gegründete Fischerdorf beherbergt die einzige auf einem Deich erbaute Kirche der Region und das sehenswerte Deutsche Sielhafenmuseum.
Die nächste Etappe führt über Wittmund mit seiner historischen Altstadt nach Jever, international bekannt für die gleichnamige Biermarke und das imposante Schloss. Über den Küstenort Hooksiel erreichst du schließlich Wilhelmshaven. Die Stadt bietet mit dem Deutschen Marinemuseum, dem Küstenmuseum und der beeindruckenden Hafenanlage zahlreiche maritime Attraktionen.
Von der Jade zur Weser und Elbe
Nachdem du Wilhelmshaven verlassen hast, führt der Radweg über Sande mit dem sehenswerten Schloss Gödens aus dem Jahr 1517 zum Nordseebad Dangast. Der Kurort wurde um 1795 nach englischem Vorbild angelegt und war später Inspirationsquelle für expressionistische Künstler. Über Varel mit seiner charmanten Innenstadt und die Seefelder Mühle – eine der letzten Galerieholländerwindmühlen – gelangst du nach Eckwarderhörne an der Südwestspitze der Halbinsel Butjadingen.
Von hier radelst du über Tossens und das Nordseebad Burhave entlang der Weser nach Bremerhaven. Die Hafenstadt im Elbe-Weser-Dreieck beeindruckt mit dem Deutschen Schifffahrtsmuseum, dem Klimahaus und dem Deutschen Auswandererhaus – allesamt erstklassige Museen, die einen Besuch wert sind.
Weiter geht es über das Nordseebad Wremen und den kleinen Sielhafen Dorum-Neufeld nach Cuxhaven. Auf dem Weg durchquerst du bei Berensch-Arensch Salzwiesen, Deichvorland und die Cuxhavener Küstenheide. In Cuxhaven selbst lohnt ein Besuch des historischen Lotsenviertels und des Schlosses Ritzebüttel.
Vom Meer in die Großstadt – Hamburg und Umgebung
Ab Cuxhaven folgst du dem Elbufer flussaufwärts über Otterndorf, vorbei an mehreren Naturschutzgebieten, nach Hemmoor und Großenwörden. Nach einem Stopp in Himmelpforten, das als Christkinddorf bekannt ist, erreichst du die Hansestadt Stade mit ihrer gut erhaltenen Fachwerkaltstadt.
Von Stade führt der Nordseeküstenradweg mitten ins Alte Land, eines der größten zusammenhängenden Obstanbaugebiete Europas. Besonders im Frühling, wenn die Obstbäume in voller Blüte stehen, zeigt sich die Region von ihrer schönsten Seite. Über Jork, Finkenwerder und Teufelsbrück gelangst du schließlich nach Hamburg.
Die Hansestadt bietet mit dem Hafen, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Speicherstadt und zahlreichen kulturellen Angeboten viele Gründe für einen längeren Aufenthalt. Wenn du Hamburg verlässt, führt dich der Weg durch grüne Parks und Gärten nach Wedel, bekannt für seinen historischen Ochsenmarkt. Vorbei am Naturschutzgebiet „Tävsmoor und Haselauer Moor" und dem Rosarium in Uetersen erreichst du schließlich Elmshorn.
Durch Dithmarschen nach Schleswig-Holstein
Von Elmshorn führt der Weg nach Kollmar direkt am Elbufer, wo du große Containerschiffe und gelegentlich Kreuzfahrtriesen beobachten kannst. Nach einem Stopp im historischen Glückstadt mit seinen holländisch geprägten Bauten und dem königlichen Marktplatz geht es über Brokdorf nach Brunsbüttel, wo der weltbekannte Nord-Ostsee-Kanal in die Elbe mündet.
Die Fahrt durch Dithmarschen führt über Sankt Michaelisdonn mit seiner Holländermühle „Edda" aus dem Jahr 1842 nach Meldorf. Hier solltest du unbedingt den Dom besichtigen – einen beeindruckenden Sakralbau im Stil der Backsteingotik. Über die Naturschutzgebiete Kronenloch und Wöhrdener Loch erreichst du das Nordseebad Büsum mit seinem charakteristischen Hafen und den traditionellen Krabbenkuttern.
Auf dem Weg nach Norden passierst du das Eider-Sperrwerk bei Tönning – das größte Küstenschutzbauwerk Deutschlands – und gelangst nach St. Peter-Ording. Der Ort ist berühmt für seinen bis zu zwei Kilometer breiten Sandstrand und die auf Stelzen stehenden Pfahlbauten. Über Garding und Uelvesbüll führt der Weg nach Husum, der Geburtsstadt des Schriftstellers Theodor Storm.
Der nördlichste Abschnitt bis zur dänischen Grenze
Von der "grauen Stadt am Meer", wie Storm seine Heimat nannte, radelt du zur Halbinsel Nordstrand und weiter zur Hamburger Hallig – einer nicht eingedeichten Halbinsel mitten im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Über den Fährhafen Dagebüll und den Luftkurort Niebüll erreichst du den Rickelsbüller Koog, den nördlichsten Punkt des deutschen Festlandes.
Bei Rosenkranz überquerst du die dänische Grenze, wo der deutsche Teil des Nordseeküstenradwegs nach 900 Kilometern endet. Wer möchte, kann die Reise auf dem Radweg durch Dänemark fortsetzen – bis nach Bergen in Norwegen, dem nördlichen Endpunkt des gesamten Nordseeküstenradwegs.
Praktische Tipps für die Radtour
Der Nordseeküstenradweg ist in 14 offizielle Etappen eingeteilt, kann aber problemlos individuell geplant werden. Die Etappenlängen variieren zwischen 39 und 99 Kilometern. Die gesamte Strecke ist gut ausgebaut und durchgehend ausgeschildert.
Packe unbedingt Badesachen ein! Die kilometerlangen Sandstrände entlang der Route gehören zu den sonnenreichsten Regionen Deutschlands und bieten perfekte Gelegenheiten für spontane Erfrischungspausen. Wind- und regenfeste Kleidung sind an der Nordseeküste zu jeder Jahreszeit Pflicht – das Wetter kann schnell umschlagen.
Die beste Reisezeit ist von Mai bis September, wobei der Hochsommer stellenweise sehr voll sein kann. Der Frühling mit blühenden Rapsfeldern und Obstbäumen oder der goldene Herbst mit klarer Luft und weniger Touristen sind ideale Alternativen.
Entlang der Route gibt es zahlreiche fahrradfreundliche Unterkünfte, von einfachen Jugendherbergen bis zu komfortablen Hotels. In der Hauptsaison empfiehlt sich eine frühzeitige Buchung. Auch die Fährverbindungen zu den Inseln sollten besonders in der Hochsaison vorab reserviert werden.
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